Falsche Weichenstellung

Amt Gartz (Oder)

Die DB Netz AG stellte am 9. August 2017 ihre Pläne zum Stettiner Bahn zwischen Angermünde und der Staatsgrenze zu Polen vor. Die verfolgte Minimallösung stößt auf viel Kritik, unter anderem beim Fahrgastverband Pro Bahn e. V. und bei Stettins Stadtpräsidenten.

 

 

Der Fahrgastverband kritisiert den teilweise nur eingleisigen Ausbau der Bahnstrecke Berlin – Stettin (Szczecin, Polen) als vollkommen unzureichend. Während der Ausbau unterdimensioniert sei, sei eine Sperrung für bis zu vier Jahren absolut inakzeptabel und grob fahrgastfeindlich.


Nach den vorgestellten Plänen soll die Strecke auf dem Abschnitt zwischen Passow und der deutsch-polnischen Staatsgrenze nur eingleisig bleiben. Das 1873 errichtete zweite Gleis war nach dem Krieg 1945 demontiert worden. Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender  des Fahrgastverbandes, hält dies für einen schlechten Witz: „Wir können doch nicht ernsthaft einen Bundesverkehrswegeplan 2030 ansetzen, in dem die Strecke mit weniger Kapazität als vor hundert Jahren eingeplant ist. Damit machen wir uns in Europa lächerlich. "


Während des unterdimensionierten Ausbaus ist geplant, die Strecke zwischen Passow und der Staatsgrenze für anderthalb Jahre voll zu sperren. Peter Cornelius, Vorsitzender des Landesverbandes Berlin-Brandenburg, hält dies für ein katastrophales Signal: „Einerseits soll die Strecke gewaltig Potential haben, aber dann vergrault man die Fahrgäste mit einer langen Vollsperrung. Das passt hinten und vorne nicht zusammen.“


„Der Ausbau zeigt leider auch, welchen Stellenwert die deutsche Bundesregierung dieser Bahnverbindung nach Polen zumisst", beklagt Anja Schmotz, von der Initiative deutsch-polnischer Schienenpersonenverkehr. „Eine Überwindung der Grenze in den Köpfen und im Alltag der Menschen erreicht man so sicher nicht.“

 

Die Märkische Oderzeitung als auch der Blickpunkt Brandenburg berichteten über den, auf der Informationsveranstaltung geäußerten Unmut aus der Region. Amtsdirektor Frank Gotzmann erklärte in Tantow: "Es handelt sich hier um eine schön formulierte Mogelpackung. Das ist kein Ausbau, sondern der Rückbau der 1873 zweigleisig gewidmeten Stettiner Bahn.

 

Das trifft unsere Region ins Mark. Der Stadtpräsident der Stadt Stettin, Herr Piotr Krzystek, der Ministerpräsident vom Land Brandenburg, Herr Dietmar Woidke, als auch wir vor Ort fordern den zweigleisigen Ausbau und keine Minimallösung!“

Das letzte Stück von Passow bis Stettin nur eingleisig zu belassen, sei ein großer Fehler, sagte Stettins Stadtpräsident Piotr am 12. September 2017 auf einer Tagung des deutsch-polnischen Wirtschaftskreises in Stettin. Das Bahntempo zwischen Berlin und der polnischen Hafenstadt habe sich seit Jahrzehnten nicht verbessert. Wegen der schlechten Bahnverbindungen sei er noch nie mit dem Zug nach Berlin gefahren.

 

Die angestrebte Fahrzeit von 90 Minuten für Fernzüge zwischen Berlin und Stettin wurde bereits 1939 gefahren und lässt sich nach dem jetzt vorgesehenem Rückbau nach 2024 in der Praxis kaum bzw. schwer realisieren. Würde die DB Netz AG zwischen Passow und der Straatsgrenze zunächst auf der gleislosen Seite des Bahnkörpers den Untergrund sanieren und das neue, zweite Gleis verlegen, würde sich auch die 18 monatige Vollsperrung vermeiden lassen."

 

Stand: 02.01.2018 (29.09.2017, 12.08.2017)

 

 

Bild zur Meldung: Rainer Sturm, pixelio.de