Reuters berichtete aus unserem Amt

Amt Gartz (Oder), den 12.10.2014

Im Mai 2013 hat die Agentur Reuters UK im englischen Sprachraum erstmals, und überaus positiv, über das Amt Gartz (Oder) berichtet. Unter dem Artikel "Eine polnische Stadt entwickelt sich zur Lebensader für den angeschlagenen deutschen Nachbarn" wird den Lesern ein Eindruck aus unserem Amt gegeben.

 

In dem Artikel heißt es unter anderem: Wie die meisten Einwohner Stettins, einer Hafenstadt im äußersten Westen Polens, dachte auch der Geschäftsmann Zbigniew Sawicki, dass nach dem Beitritt seines Landes zur europäischen Union vor zehn Jahren, die reichen deutschen Nachbarn in die Stadt strömen und sie aufkaufen würden. Die Entwicklung nahm jedoch eine unerwartete Wendung. Viele wohlhabende Polen aus Stettin, darunter etliche Freunde von Sawicki, ziehen nach Deutschland und kaufen dort Immobilien.

 

In ganz Westeuropa gab es in den letzten zehn Jahren einen großen Zufluss polnischer Arbeitskräfte. Die Situation in Stettin ist allerdings eine ganz andere. Was hier von Ost nach West fließt, ist nicht etwa billige Arbeitskraft, sondern Kapital und wirtschaftlicher Einfluss. Stettin, das bis zur Neueinteilung der Grenzen nach dem zweiten Weltkrieg zu Deutschland gehörte, ist zum wirtschaftlichen Zentrum geworden für einen ganzen ostdeutschen Landstrich, der gegen einen massiven Abwärtstrend ankämpfen muss.

 

„Wir orientieren uns an Stettin. Für uns ist es eine Art Hoffnung“, sagt Frank Gotzmann, der Amtsdirektor des Amtes Gartz (Oder) in unmittelbarer Grenznähe. Auf der halbstündigen Fahrt von Stettin über die Grenze nach Deutschland werden die Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Europa deutlich.

 

Auf dem Weg durch die Vororte Stettins in südwestlicher Richtung durchquert man einen chaotischen, bunten Mix aus Tankstellen, Autohändlern und neuen Häusern, allesamt mit großen Werbetafeln verziert. Wenn man die Grenze nach Deutschland passiert, ändert sich das Landschaftsbild augenblicklich. Die wuchernden Vororte Stettins machen Platz für Dörfer mit Postkartenpanorama, die sich scheinbar seit Jahrhunderten nicht verändert haben.

 

Ein Anzeichen für den Bevölkerungszuwachs ist der Zulauf, den katholische Kirchen in der Gegend verzeichnen. Die Mehrheit der Polen ist katholisch, wohingegen dieser deutsche Landstrich traditionell evangelisch ist. Cezary Korzec, ein katholischer Priester, der in Rosow lebt, sagt, dass die Anzahl praktizierender Katholiken der Pfarrgemeinde, zu der das Dorf gehört, in den letzten Jahren von 1.200 auf 1.800 gestiegen sei und dass dies am Zustrom polnischer Gläubiger läge. “Es ist die am schnellsten wachsende Pfarrgemeinde in Deutschland“,  sagt er.

 

“Stettin hat 500.000 Einwohner – auf deutscher Seite gibt es nichts Vergleichbares“, sagt Bogdan Twardochleb, ein Journalist, der örtlichen Zeitung, dem “Kurier Szczecinski“. „Es ist ein Wirtschaftsmagnet, der alles anzieht.“

 

Jahrhunderte lang war Stettin für die deutsche Stadt Gartz, sowie auch für andere in der Gegend, das Zentrum. Das steinerne Torhaus aus dem 13. Jahrhundert am Ortseingang von Gartz heißt „Stettiner Tor“ weil es die Straße nach Stettin überspannt. Diese Verbindungen wurden am Ende des zweiten Weltkriegs gekappt. Die Rote Armee übernahm die Kontrolle und zog eine neue Grenze und so fanden sich Gartz und Stettin auf unterschiedlichen Seiten mit spärlichem Kontakt wieder. Die Wiederbelebung dieser alten Verbindungen entwickelt sich nun zur Lebensader.

 

In den letzten zehn Jahren hat die sinkende Einwohnerzahl im Amt Gartz (Oder) zur Schließung der weiterführende Schule geführt. In der Stadt finden sich verlassene Gebäudekomplexe. Wo die Straßen zum Oderufer hin abfallen, steht ein Reihenhaus mit eingestürztem Dach. Die 7.000 Einwohner hoffen, den Verfall aufhalten zu können, indem sie versuchen, junge polnische Fachkräfte anzuziehen.

 

„Stettin ist nicht das Zentrum des Universums, aber das Zentrum unserer Region“, sagt Gotzmann. „Wir versuchen, mit Stettin zusammen zu arbeiten… Das ist die einzige Option für uns.“ (Ende des Auszugs.)

 

Der Ansatz des Amtes Gartz (Oder) mit seinen Partnern wurde unter den 6 besten Kooperationsansätzen aus Deutschland und Polen am 8. November 2011 in Berlin durch den Staatssekretär Rainer Bomba und den Vizeminister Janusz Żbik ausgezeichnet. Der Vorsitzende des Seijmik Westpommern Marek Tałasiewicz lobte am 6. Dezember 2011 in der Polnischen Botschaft in Berlin, dass die Kommunalverwaltungen nicht warten „bis die große Politik“ die Richtung vorgibt, sondern  zielstrebig, mutig und vorausschauend die gesellschaftliche Wirklichkeit und die Herausforderungen vor Ort annehmen.

 

Amtsdirektor Frank Gotzmann ist erfreut, dass das Amt Gartz (Oder) erstmals in der englischsprachigen Presse positiv wahrgenommen wurde. Er baut weiter darauf, dass es vor Ort gelingen kann, gemeinsam im Konsens den ländlichen Raum mit seinem Oberzentrum in Stettin zu verbinden und so Wohlstand für die Bürger zu erwirtschaften.

 

12.10.2014

 

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