Gerichtsentscheid zum Schöpfwerk

Amt Gartz (Oder), den 20.06.2014

Kommunen und Grundstückseigentümer sind nicht verpflichtet, den Betrieb von Schöpfwerken dauerhaft zu übernehmen. Auf Grundlage des Brandenburgischen Wassergesetzes kann nur der bisherige Betreiber, in der Regel der jeweilige Wasser- und Bodenverband, hierzu verpflichtet werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Potsdam am 27. Mai 2014 entschieden und damit die Rechtsauffassung der amtsangehörigen Stadt Gartz (Oder) bestätigt.


Der Landkreis Uckermark durfte die amtsangehörige Stadt Gartz (Oder) nicht verpflichten, das dortige Schöpfwerk zu betreiben. Nur der Wasser- und Bodenverband als bisheriger Betreiber hätte zum Weiterbetrieb verpflichtet werden dürfen.

In Brandenburg wollen die Verbände den Betrieb zahlreicher Schöpfwerke einstellen. Die Gerichtsentscheidung hat Pilotcharakter, weil sie ohne weiteres auf zahlreiche vergleichbare Fälle übertragbar ist. Das Verwaltungsgericht lässt an der Rechtswidrigkeit der Anordnung keinen Zweifel. Der Landkreis Uckermark hat gegen die Entscheidung der drei Richter des Verwaltungsgerichtes Potsdam Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht eingelegt.

Die Prozessvertreter Dr. Achim Willand und Dr. Georg Bucholz von der Rechtsanwaltskanzlei [GGSC] erklärten nach Eingang der Gerichtsentscheidung: Die anderen betroffenen Landkreise müssen innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten nach Eingang der jeweiligen Stilllegungsanzeige entscheiden, ob sie den jeweiligen Wasser- und Bodenverband zum Weiterbetrieb verpflichten. Nach Ablauf dieser Frist kann eine solche Anordnung auf Grundlage des § 37 des Brandenburgischen Wassergesetzes nicht mehr getroffen werden. Selbst wenn der Schöpfwerksbetrieb im öffentlichen Interesse – zur Vermeidung von Vernässungen oder zum Zwecke des Hochwasserschutzes – geboten ist, wird es dann kaum mehr möglich sein, dies auf ordnungsrechtlichem Wege durchzusetzen.

 

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Zum Hintergrund:

 

Der Wasser- und Bodenverband "Welse" aus Passow hat den Betrieb des Schöpfwerkes in Gartz (Oder) am Donnerstag, dem 13. Februar 2014, eingestellt, weil aus seiner Sicht die Finanzierung der Betriebskosten nicht gesichert sei. Ab Freitag, dem 14. Februar 2014, musste die amtsangehörige, hoch verschuldete Stadt Gartz (Oder) auf Anordnung des Landkreises Uckermark das Gartzer Schöpfwerk betreiben.

 

"Das Betreiben von Schöpfwerken ist im Land Brandenburg in vielen Regionen zwingend erforderlich und liegt im Allgemeininteresse. Doch noch immer steht der Schöpfwerksbetrieb vor erheblichen Problemen." So hieß es schon in der Antwort der Landesregierung vom 16. Oktober 1995 auf die Anfrage des Abgeordneten Gerhard Thierbach. Nach dem Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung vom 21. Juli 1996 über den Betrieb und die Unterhaltung von Schöpfwerken sollten vor allem die Wasser- und Bodenverbände als fachlich geeignete Betreiber in die Neuordnung des Schöpfwerksbetriebes eingebunden werden. Viel scheint sich seit 1995/1996 nicht geändert zu haben. Zu einer Neuordnung des Schöpfwerksbetriebes im Land Brandenburg kam es offensichtlich nicht.

 

In Brandenburg gibt es über 400 Schöpfwerke. Ein Schöpfwerk ist eine wasserwirtschaftliche Anlage, die mittels Pumpen Wasser aus einem Niederungsgebiet, auch Polder genannt, in ein höher gelegenes Gewässer schöpft.  Durch diese Art der Wasserregulierung kann der Polder für die Bebauung, die Landwirtschaft und den Verkehr genutzt werden.  Das Schöpfwerk in Gartz (Oder) reguliert insgesamt 5.460 ha Fläche und sichert damit die gesamten Polder 5 und 6 im Nationalpark Unteres Odertal, die Bundesstraße 2 und die Dörfer im Gartzer Bruch. Ohne den Betrieb des Gartzer Schöpfwerkes würden große Teile des Gartzer Bruchs ständig unter Wasser stehen, denn es liegt deutlich unterhalb der Westoder.

 

Die Frage, ob auch in Brandenburg der Betrieb von Schöpfwerken zur Gewässerunterhaltung zählt und damit seine Kosten über den allgemeinen Flächenbeitrag des Wasser- und Bodenverbandes umgelegt werden können, ist  umstritten. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wird nach der Anhörung vom 04. Juni 2014 dazu in Kürze entscheiden. Einige Boden- und Wasserverbände argumentieren, wohl sachlich richtig, dass erst der Betrieb von Schöpfwerken eine sinnvolle Gewässerunterhaltung möglich mache. Das für das Amt Gartz (Oder) zuständige Verwaltungsgericht Potsdam ist dem in drei Kammerentscheidungen aus Rechtsgründen entgegengetreten. Es verweist wie das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz als Fachaufsichtsbehörde darauf, dass dem Brandenburgischen Recht - anders als dem der Länder Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt - eine Vorschrift fehle, die den Schöpfwerksbetrieb der Gewässerunterhaltung zuweist. Der Landesgesetzgeber habe sich ausdrücklich gegen die Einbeziehung dieser Aufgabe entschieden. Jedenfalls obliegt die Unterhaltung der Schöpfwerke seit der Gesetzesänderung vom 19. Dezember 2011 nicht mehr den Gewässerunterhaltungsverbänden, sondern den jeweiligen Eigentümern. Ob diese nun auch dauerhaft, mittels Anordnungen der Unteren Wasserbehörden die Schöpfwerke für die Allgemeinheit betreiben müssen, ist eine Rechtsfrage, die zwischen dem Amt Gartz (Oder) einerseits und dem Landkreis Uckermark und dem Ministerium andererseits strittig war. Das Verwaltungsgericht Potsdam entschied im Eilverfahren am 27. Mai 2014: Kommunen und Grundstückseigentümer sind jedenfalls nicht nach § 37 Brandenburgischem Wassergesetz verpflichtet, den Betrieb von Schöpfwerken dauerhaft zu übernehmen.

 

 

 

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