Schöpfwerksbetrieb in Gartz (Oder)

Amt Gartz (Oder), den 25.03.2014

Der Wasser- und Bodenverband "Welse" aus Passow hat den Betrieb des Schöpfwerkes in Gartz (Oder) am Donnerstag, dem 13. Februar 2014, eingestellt, weil aus seiner Sicht die Finanzierung der Betriebskosten nicht gesichert sei. Ab Freitag, dem 14. Februar 2014, betreibt nun die amtsangehörige Stadt Gartz (Oder) auf Anordnung des Landkreises Uckermark das Gartzer Schöpfwerk. Es ist ein politischer Streit, der nun auch auf dem Rücken der amtsangehörigen Stadt exemplarisch für ganz Brandenburg ausgetragen werden soll.

 

"Das Betreiben von Schöpfwerken ist im Land Brandenburg in vielen Regionen zwingend erforderlich und liegt im Allgemeininteresse. Doch noch immer steht der Schöpfwerksbetrieb vor erheblichen Problemen." So hieß es schon in der Antwort der Landesregierung vom 16. Oktober 1995 auf die Anfrage des Abgeordneten Gerhard Thierbach. Nach dem Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung vom 21. Juli 1996 über den Betrieb und die Unterhaltung von Schöpfwerken sollten vor allem die Wasser- und Bodenverbände als fachlich geeignete Betreiber in die Neuordnung des Schöpfwerksbetriebes eingebunden werden. Viel scheint sich seit 1995/1996 nicht geändert zu haben. Zu einer Neuordnung des Schöpfwerksbetriebes im Land Brandenburg kam es offensichtlich nicht.

 

In Brandenburg gibt es über 400 Schöpfwerke. Ein Schöpfwerk ist eine wasserwirtschaftliche Anlage, die mittels Pumpen Wasser aus einem Niederungsgebiet, auch Polder genannt, in ein höher gelegenes Gewässer schöpft.  Durch diese Art der Wasserregulierung kann der Polder für die Bebauung, die Landwirtschaft und den Verkehr genutzt werden.  Das Schöpfwerk in Gartz (Oder) reguliert insgesamt 5.460 ha Fläche und sichert damit die gesamten Polder 5 und 6 im Nationalpark Unteres Odertal, die Bundesstraße 2 und die Dörfer im Gartzer Bruch. Ohne den Betrieb des Gartzer Schöpfwerkes würden große Teile des Gartzer Bruchs ständig unter Wasser stehen, denn es liegt deutlich unterhalb der Westoder.

 

Vor Jahren legte eine Kommission die Höhe des Anteils fest, den jedes Schöpfwerk im Interesse des Allgemeinwohls erbringt. Dieser Anteil beläuft sich beim Schöpfwerk Gartz (Oder) auf 58% und wird durch das Land Brandenburg erstattet. Das Land Brandenburg lehnt die bisher zum Teil geübte Praxis der Solidargemeinschaft ab. Nur noch direkt „bevorteilte" Eigentümer sollen die nicht gedeckten Unterhaltungskosten für die Schöpfwerke zahlen.

 

Die Frage, ob auch in Brandenburg der Betrieb von Schöpfwerken zur Gewässerunterhaltung zählt und damit seine Kosten über den allgemeinen Flächenbeitrag des Wasser- und Bodenverbandes umgelegt werden können, ist  umstritten. Einige Boden- und Wasserverbände argumentieren, dass erst der Betrieb von Schöpfwerken eine sinnvolle Gewässerunterhaltung möglich mache. Das für das Amt Gartz (Oder) zuständige Verwaltungsgericht Potsdam ist dem in drei Kammerentscheidungen entgegengetreten. Es verweist wie das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz als Fachaufsichtsbehörde darauf, dass dem Brandenburgischen Recht - anders als dem der Länder Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt - eine Vorschrift fehle, die den Schöpfwerksbetrieb der Gewässerunterhaltung zuweist. Der Landesgesetzgeber habe sich ausdrücklich gegen die Einbeziehung dieser Aufgabe entschieden. Jedenfalls obliegt die Unterhaltung der Schöpfwerke seit der Gesetzesänderung vom 19. Dezember 2011 nicht mehr den Gewässerunterhaltungsverbänden, sondern den jeweiligen Eigentümern. Eigentümer des Schöpfwerkes Gartz (Oder) ist die amtsangehörige, hoch verschuldete Stadt Gartz (Oder), die diese Aufgaben weder fachlich noch finanziell abwickeln kann. Der Stadt Gartz (Oder) droht nun mit 97.000 € in Vorleistung gehen zu müssen, wobei notwendige Reparaturen der Pumpen noch nicht eingerechnet wurden.

 

Amtsdirektor Frank Gotzmann ist verärgert: Es ist eine Unsitte, einen 20 Jahre alten Streit zwischen dem Ministerium und den Wasser- und Bodenverbänden nun den Eigentümern der Schöpfwerke einfach vor die Füße zu schmeißen. Wir sollen nun das Schöpfwerk betreiben und versuchen, erstmalig Schöpfwerkskosten in Brandenburg zu erheben. Die Experten schauen derweil amüsiert von den Besucherplätzen zu.

 

Das Verwaltungsverfahren zum Weiterbetrieb wurde in aller Kürze durchgeführt:

Anhörung zur Einstellung des Schöpfwerksbetriebes: 13. Januar 2014

Anhörung zum Weiterbetrieb des Schöpfwerkes: 27. Januar 2014

Anordnung des Weiterbetriebes des Schöpfwerkes: 12. Februar 2014.

 

Unklar ist auch, warum das Gartzer Schöpfwerk nicht dem Land Brandenburg zugeordnet wurde. Amtsdirektor Frank Gotzmann: Vieles spricht dafür, dass das Gartzer Schöpfwerk ein Schöpfwerk I. Ordnung sei  und hätte dem Land Brandenburg zugeordnet werden müssen. Das Schöpfwerk Gartz dürfte untrennbar mit dem Polder 5/6 verbunden sein. Für Hochwasserschutzanlagen ist das Land Brandenburg selbst zuständig. Die Einstellung kommt im Hinblick auf mögliche Frühjahrshochwasser zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

 

Trotz der nicht geklärten Finanzierung des Schöpfwerksbetriebes und der offenen Fragen bei der unterbliebenen Neuordnung des Schöpfwerksbetriebes betreibt die amtsangehörige Stadt Gartz (Oder) das Schöpfwerk auf Anordnung des Landkreises Uckermark ab dem 14. Februar 2014.

 

 

 

25.03.2014 (09.03.2014, 15.02.2014 , 14.02.2014, 13.02.2014)

 

 

Bild zur Meldung: Schöpfwerksbetrieb in Gartz (Oder)